Frauensolidarität – ein Begriff, den auch der Duden nicht kennt
Monika Matscheko [Platz 3]


"Ich fühle mich mit allen Frauen verbunden, die ihr Leben auf sich nehmen und dafür kämpfen, dass es glücklich wird." (Simone de Beauvoir)


Simone de Beauvoir ist für mich seit meiner Studienzeit eine stete Wegbegleiterin, eine Frau und Philosophin, die ein selbstbestimmtes Leben in Unabhängigkeit dem traditionellen Leben einer Frau vorgezogen hat, bekanntermaßen auch mit Höhen und Tiefen. Jede Frau sollte im Laufe ihres Lebens Beauvoirs Werke lesen, die für viele bahnbrechend sein könnten auf dem Weg zu ihrer Befreiung aus dem gesellschaftlich anerzogenen Frausein. Das heißt aber auch, aktiv Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen, auch wenn frau einmal gegen den Strom schwimmen muss.

Ich frage mich immer häufiger, ob wir Frauen von heute das steinzeitliche Konstrukt von Mann, Haushalt und Kindern tatsächlich hinter uns lassen wollen, abgesehen von ein paar feministischen Ausnahmen, die sogar noch im 21. Jahrhundert sehr kritisch beäugt werden, oder ob wir lieber mit dem Strom des von patriarchalischen Hierarchien vorgegebenen Systems mitschwimmen möchten. Ist ja vielleicht auch bequemer. Weniger Denkarbeit und weniger Verantwortung, weniger Reibungspunkte mit den gesellschaftlichen Gegebenheiten. Daher kennt auch der Duden den Begriff der Frauensolidarität noch nicht, weil wir uns einfach nicht entscheiden können, gemeinsam für ein neues Gender-Verständnis einzutreten.

Welcher Veränderungen und Lernschritte bedarf es nun, damit Frau ein selbstbestimmtes und glückliches Leben in Solidarität mit der oder dem Anderen führen kann? Wo stehen sich Frauen dabei selbst und einander im Weg?

Privilegierte bürgerliche Frauen setzten sich schon im 19. Jahrhundert für die Durchsetzung des Frauenwahlrechts ein. Von einem internationalen Frauenbefreiungsversuch spricht die Geschichte der Frau allerdings erst ab den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Frauenbedürfnisse waren und sind auch heute leider oft noch in der Maslowschen Pyramide ganz unten angesiedelt. Physiologische und Sicherheitsbedürfnisse müssen erst einmal erfüllt werden, wenn möglich gekoppelt mit dem sozialen Bedürfnis nach Nähe und Liebe. Individualbedürfnisse und Selbstverwirklichung warten, aufgrund der immer noch klassischen Rollenbilder, häufig bis später, sofern es dieses "Später" je gibt. Covid-19 macht auch gerade wieder deutlich, wie viele Frauen immer noch Mädchen für alles sind oder als Alleinerzieherinnen an der Armutsgrenze leben. Sie sind zuständig für das Distance Learning ihrer Kinder, den Haushalt, ihren Ehemann/Partner und im "besten" Fall auch noch für ihr eigenes Homeoffice. Warum im besten Fall? Weil sie es dann geschafft haben, einem bezahlten Job nachzugehen, der sie ein Stück weit wirtschaftlich unabhängig macht. Dennoch bleiben kein Platz und keine Zeit für ihre individuellen Bedürfnisse. Der Alltag ist schon fordernd genug. Wie sollen all diese Frauen dann auch noch für ein Leben in Selbstbestimmung kämpfen? Meine Antwort darauf ist erstens mit guter Bildung von klein auf und zweitens mit dem erbitterten Kampf gegen mangelnde Solidarität unter Frauen, wodurch sie viele ihrer Lasten nicht mehr allein schultern müssten. Leider heißt es immer noch, dass Frauen ewig Konkurrentinnen im Kampf um den Partner, der die stärksten Gene verspricht, seien. Was ist heute Stärke? Ist es das, was wir gerade wieder erlebt haben, nämlich die Ermordung der 31. Frau in Österreich (Stand 17.12.2021)? [1] Mündet Stärke in Gewalt, wenn frau sich dieser aufgezwungenen Kraft in den Weg stellt, widerspricht oder die selbstbestimmte Entscheidung trifft, sich aus einer Gewaltbeziehung zu verabschieden? Wie man sieht, kann daraus ein Kampf um Leben und Tod werden. Auch hier braucht es verstärkt Solidarität mit den weiblichen Opfern. Im Moment sieht es so aus, als würde sich politisch und gesellschaftlich etwas bewegen; hoffentlich bleibt es nicht nur beim kurzen Aufschrei, der bald wieder verhallt.

So manche Ausnahmen kämpfen gottlob auch den Kampf um gute Positionen in der Arbeitswelt. Eine Frau muss sich immer noch intensiver bemühen, um in besagter anerkannt zu werden. Ein Kampf in vielen Bereichen.

Oder könnte es letztlich auch die Stutenbissigkeit sein, die Frauen zu unsolidarischen Einzelkämpferinnen macht, die kein "Wir" zulassen, und wenn, dann im negativen Sinn? Naja, hier können wir uns ja auf emotionale Stimmungsschwankungen, verursacht durch Hormone ausreden. Dieses Faktum wird noch bestärkt und gefestigt durch die landläufige Meinung, dass Frauen halt eher gefühls- und Männer eher vernunftbetont seien.

Ich stelle fest, ich bin beides und bin damit sicher nicht die Einzige; und genau diese Ratio sagt mir, dass sich im Hause "Frauensolidarität" noch so einiges tun muss, soll und kann, damit ein starkes Haus entsteht.

Caroline Rosales [2] schreibt auf Zeit online in ihrem Artikel Die ewige Missgunst, dass Frauen selten Netzwerke schmiedeten, sich nicht formierten, sondern glaubten, es als Einzelgängerinnen, Netzwerk los gegen die ganze Welt zu schaffen. - Unsere westliche Kultur ist eine individualistische, deren Kehrseite sich leider als Egoismus präsentiert. Da ist für Solidarität wenig Platz. Leider sind sich Frauen oft selbst, aber auch den anderen Frauen ein Feind. "Meine Tochter ist hübscher als deine. Mein Sohn ist klüger und mutiger als eurer. Schaut nur, wie Marie dasitzt, gar nicht wie ein Mädchen. Und jetzt heult Marco auch noch; ist er denn kein Mann?" Diese oder ähnliche Werturteile, die aus dem Vergleich und aus althergebrachten Klischees entstehen, müssen zum Kampf führen und damit zur Entscheidung für oder gegen Menschen.

Sowohl meine Großmutter als auch meine Mutter standen noch unter patriarchaler Hoheit und erlebten diese Zeit manchmal als sehr schmerzlich. Warum versuchten sie dann trotzdem, ihre katholisch-konservativ geprägten Werte und Normen an ihre Töchter und Enkelinnen weiterzugeben? "Du hast genug gelernt. Such dir lieber einen Mann.". "Du musst kochen, nähen und bügeln lernen.". "Die Frau muss die Dienende und Ausgleichende in der Familie sein und vieles hinunterschlucken." Ein genau genommen grausames Perpetuum mobile, das über Generationen hinweg in Gang gehalten wurde – und wird?

Wozu haben wir Frauen die Fähigkeit zum Denken in die Wiege gelegt bekommen? Sicher nicht nur dazu, die Einkaufsliste zu schreiben, den Termin bei der Kosmetikerin nicht zu vergessen und alle Gerüchte im Kopf zu behalten, um sie beim nächsten Kaffeekränzchen weiterzuerzählen. Nein! Es ist höchste Zeit, darüber nachzudenken, wie Solidarität gelingen kann und wozu wir sie gerade unter Frauen brauchen.

Aber nicht nur in den Familien darf sich etwas verändern, sondern auch am Arbeitsplatz, wo Neid und Missgunst noch immer weitverbreitet sind. Unter dem Aspekt der gelebten eigenen Erfahrung will ich ein Beispiel bringen. Eine Arbeitskollegin klagte über Zeitnot für die Abgabe einer wichtigen Arbeit. Ich wollte ihr, weil ich den Druck nachfühlen konnte, unter die Arme greifen, denn ich hatte fix und fertig etwas in der Schublade, das genau zu ihrem Auftrag passte. Das Lob der Chefität für diese Arbeit nahm jedoch schließlich sie erfreut entgegen, ohne zu erwähnen, dass ich sie unterstützt hatte. Die wahre Verfasserin blieb also unbenannt. Und das erzählte sie mir dann auch noch freudestrahlend. Das war für mich ein Moment der Erschütterung meines Glaubens an Freundschaft und Solidarität, aber auch Ehrlichkeit. Im Zuge meiner aktuellen Auseinandersetzung mit diesem Vorfall in meinem Essay begann sich jedoch in meinem Denken eine Wandlung abzuzeichnen. Meine mehrseitigen Tagebuchaufzeichnungen zeugen davon. Hier ein Auszug:
Ich fordere Frauensolidarität ein und verurteile die Reaktion darauf? Finde ich das etwa auch noch richtig? Solidarität sollte doch gelebt werden, ohne etwas dafür zu erwarten. Ist es nicht so? Bin ich vielleicht genauso wie diejenigen, über die ich selbst mein Urteil fälle? Ich möchte mich aber unterscheiden. Na, dann tu etwas dafür. Vergiss deine Abwertung aus deinem gekränkten Ego heraus. Brauche ich wirklich dauernd Lob, um zu wissen, was ich kann, welchen Wert ich habe und wer ich bin? Lass Milde und Verständnis walten. Ich will ehrlich solidarisch sein. In Wirklichkeit trifft es mich noch heute in meiner Seele. Ich will die Lorbeeren, schreit mein Ehrgeiz. Ok, das ist verständlich; allerdings geht es hier gerade nicht um dein kleines Ich, sondern um ein viel größeres Anliegen: Wie schaffen wir Frauen es zusammenzuhalten, ohne zu bewerten und einander zu verurteilen? Also, mach den ersten Schritt und lass es gut sein. Das entspricht deinem Ziel, das du hier vertrittst.

Wie die werte Leserschaft vielleicht bemerkt, ist es auch für mich nie zu spät dazuzulernen und die Theorie in die Praxis umzusetzen.

Wer denkt, ich hätte einen öffentlichen Aufruhr für mein Ego anzetteln müssen, möge sich doch die Meinung von Ronja Larissa von Rönne in ihrem Artikel Warum mich der Feminismus anekelt [3] zuführen. Dann weiß frau/mann, was saturierter Kampf-Egoismus bedeutet.

Was mir als eifrige Leserin schon auffällt, ist, dass selbst in der europäischen Literatur Frauensolidarität kein Thema darstellt. Es gibt uns in diesem Zusammenhang weder hier noch in Schulbüchern. Der in Geschichtsbüchern erwähnte Kampf um das Wahlrecht für Frauen macht leider noch keinen echten Frühling. Als eifriger und interessierter Bücherwurm – gibt es eigentlich eine weibliche Würmin? - habe ich schon von vielen Frauenschicksalen gelesen, z.B. in Theodor Fontanes Effi Briest oder Gustave Flauberts Madame Bovary, in Anna Karenina von Leo Tolstoi oder Wunschloses Unglück von Peter Handke. Es waren keine Frauen, die in ihren Werken Selbstbestimmung forderten; auch das überließ man u.a. männlichen Autoren wie Henrik Ibsen mit seiner Nora oder Ein Puppenheim, einem Norweger, der dafür eintritt, dass Nora ein eigenständiger Mensch sein darf und nicht nur dekoratives Beiwerk ihres egozentrischen Gatten. Häutungen von Verena Stefan (Schweiz) hat es geschafft, zum Kultbuch der Frauenbewegung in der BRD zu werden. Es enthält Reflexionen und selbst Erfahrenes, Themen, die in den bedeutsamen Satz münden "der mensch meines lebens bin ich".

Manchmal wird Solidarität jedoch auch falsch verstanden. Während der mehr aufgedrängten – jemand meinte es gut mit mir und wollte ein tolles Buch mit mir teilen - als freiwilligen Lektüre von Luisa Binders Roman Eigentlich sind wir nicht so fragte ich mich des Öfteren, ob das, was hier der Plot vermitteln möchte, nun Solidarität oder schlicht und ergreifend Parasitentum sei. Ich tippe eher auf Letzteres, denn bei aller Liebe zum Mitmenschen kann und darf es nicht so sein, dass sich vier Frauen bei einem überfürsorglichen Ehepaar einnisten, die erste wieder, das ist die fast dreißigjährige jüngere Tochter, die ihr Leben nicht auf die Reihe kriegt, die zweite eine Diva, die dritte eine Heulsuse und die vierte eine Besserwisserin. Ich kann diese Konstellation beim besten Willen nicht nett finden, im Gegenteil. Sartre und Beauvoir würden sich im Grabe umdrehen, wo doch der Existenzialismus uns dazu auffordert, die Verantwortung für unser Leben zu übernehmen und uns nicht auf den Empathiepolstern anderer auszuruhen, womöglich auch noch aushalten zu lassen.

Eine Tatsache ist allerdings schon, dass viele Frauen immer noch wirtschaftlich abhängig sind und deshalb immer noch in der patriarchalen Gewalt verweilen müssen. Viele schaffen es bei häuslicher Gewalt, in Frauenhäusern Aufnahme zu finden, Häuser, die wir den Errungenschaften des Feminismus zu verdanken haben. Leider noch immer viel zu wenige. In Österreich war Johanna Dohnal eine Frauenministerin, die von 1990 bis 1995 als Erste für die Situation der Frau vieles bewegte: Gewaltschutz, Frauengleichbehandlung und -förderung, Fristenregelung, Ehe- und Familienrecht. Ich kann mich gut daran erinnern, dass meine Mutter in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts noch die Unterschrift meines Vaters brauchte, um einer Lohnarbeit außer Haus nachgehen zu können. Es ist kaum zu glauben.

Gott sei Dank gab und gibt es Frauen, die sich in führenden Positionen mit vielen ihrer Geschlechtsgenossinnen unvoreingenommen solidarisierten und solidarisieren, oft angefeindet, aber kämpferisch und durchsetzungsstark. Dohnals Credo war: Frauen müssen für ihre Rechte selber kämpfen, geschenkt wird ihnen nichts. Sagt das nicht auch Frau von Rönne auf Seite 3? Ja, doch geht es ihr letztendlich doch um den "Kampf des Individuums um sein Glück" (siehe Kehrseite des Individualismus!).

Aktuell gibt es Frauen in führenden Positionen, wie Ministerin Leonore Gewessler oder Dr. Birgitt Haller vom Institut für Konfliktforschung, die sich für den Schutz der Frauen und gegen Gewalt an ihnen einsetzen. Ich bin überzeugt, die Liste ließe sich noch fortsetzen. Das Thema wird also öffentlich. Endlich!

Wie lässt sich aber mangelnder Solidarität im Alltag begegnen? Wie könnten Frauen einander unterstützen, um ein starkes "Wir" zu schaffen, die Basis für Einigkeit und ein neues solidarisches Frauenbild, für eine neue Gesellschaft?

Lepa Mlađenović [4] (Heinrich Böll Stiftung) schreibt in ihrem Artikel Die Politik der Frauensolidarität, dass Solidarität die Entscheidung jeder und jedes Einzelnen sei, meine persönliche Wahl der Care-Ethik und meine Anerkennung der eigenen Einzigartigkeit und der der Anderen. Solidarität bedeutet den Entschluss, die Andere(n) hören und verstehen zu wollen. - Das heißt also, ich habe die Wahl, ich kann mich eigenständig dafür entscheiden, mich für Zusammenhalt und Unterstützung unter Frauen einzusetzen. Alles beginnt bei mir. Sie meint auch, dass gerade für uns Frauen es sehr wichtig sei, Raum für das Anderssein zu schaffen - ohne diese Unterschiede zu bewerten, möchte ich hinzufügen. Verstehen und nicht verurteilen heißt die Devise.

Wo beginnt allerdings der Kampf für ein freies weibliches Leben? Bei der Rebellion gegen patriarchale Systeme und bei der Suche nach gleichgesinnten Rebellinnen, die mich in meiner Haltung bestärken. Das verbindet. Und da wir Verantwortung für unser Denken, Fühlen und Tun tragen, kann es natürlich sein, dass wir in diesem solidarischen Kampf auch einmal leiden. Das gehört dazu. Aber da könnten wir dann auf die anderen starken Frauen zählen, die den Gestrauchelten und Zweifelnden aufhelfen, Wegbegleiterinnen, die die Opferrolle nicht übernehmen wollen. "Die Frau sei dem Manne untertan.". Diese Bibelstelle dürfen wir im 21. Jahrhundert über Bord werfen. Lepa Mlađenović fordert Frauen, die gegen patriarchale Hierarchien auftreten, quasi auf, "Verräterinnen des Patriarchats" zu sein. Ich halte diesen Terminus für angebracht, denn große Veränderungen brauchen starke Worte. Wir solidarisierten Frauen überwinden letztlich unsere Feindbildmentalität, denn emanzipierte Frauen sind keine Männerhasserinnen, im Gegenteil. Sie anerkennen die Unterschiede von Mann und Frau, allerdings auf Augenhöhe und nicht als Machtgefälle. Das darf die Basis der Solidarität sein.

Spannenderweise gibt es allerdings Berichte darüber, dass junge Frauen von heute wieder den traditionellen Weg wählen wollen, das heißt u.a. zurück zu Haus, Herd und Kindern, die sie als ihre Lebensaufgabe sehen. Das ist allerdings genau genommen wieder Teil der eigenen Entscheidung, die zu respektieren ist.

Um das solidarische Ziel zu erreichen, müssen wir mit einigem aufräumen.

Frau sehe sich doch nur einmal die Peinlichkeiten auf den Social-Media-Plattformen an, die Zickenkriege damit befeuern, dass sich eine schöner und besser fühlt als die andere. Ein gemeinsames Leben in Diversität ist hier ein Fremdwort. "Diese Zicken kann man doch nicht ernst nehmen." heißt es zwar vielerorts, leider nehmen einander die Zicken aber im negativen Sinne allzu ernst, der Kampf um das schönste Makeup, die beste Figur und den schönsten Augenaufschlag ist erbittert. Weit haben wir Frauen es gebracht in unserer peinlichen Oberflächlichkeit und unserem Weibchen-Dasein. Auf die anderen mit Gebrüll! Das ist die Devise, ein Wir-Gefühl in seiner negativen Ausprägung. Dass es so etwas überhaupt geben darf… Laut Duden bedeutet Solidarität "unbedingtes Zusammenhalten mit jemandem aufgrund gleicher Anschauungen und Ziele". Es bleibt offen, ob der Begriff Zusammenhalt immer positiv belegt sein muss. Es schweißt ja auch zusammen, wenn Frauen miteinander gegen Geschlechtsgenossinnen hetzen oder Gerüchte verbreiten. Alle gegen einen gemeinsamen Feind. Das kennen wir doch auch aus der Geschichte. Ist das Solidarität, wie sie wirklich gemeint ist? Nein!

Hört auf, übereinander herzufallen und euch schlecht zu machen! Schafft ein neues Menschenbild, das frei ist von Vergleich und Missgunst! Nützt eure angeborene Empathie-Fähigkeit, um die Welt lebbarer und liebevoller zu machen! Wo beginnt denn Leben? Im Organismus einer Frau, die ein Kind erwartet, bereit ist, es liebevoll zu umsorgen und es ins Leben zu begleiten. Euer Umgang miteinander zeugt von mangelnder Selbstachtung, denn sonst würdet ihr andere Frauen nicht verachten und ihnen ihr Leben zur Hölle machen. Freundschaft ist ein hohes Gut, wenn sie von Ehrlichkeit, Achtsamkeit und positiv konnotierter Solidarität getragen wird.

Wagt es aufzustehen gegen Neid und Konkurrenzdenken, gegen Niedertracht und Mobbing. Ich stimme Meike Winnemuth [5] vollkommen zu, wenn sie meint: "Wir brauchen Frauen, um die Welt zu verstehen. Um Anschauungen zu vergleichen, Erfahrungen auszutauschen, Gefühle zu überprüfen, Pläne zu formulieren." – und um im Gespräch einander unvoreingenommen näherzukommen. Nicht nur der eigene Lebensentwurf, die eigene Meinung und Erwartung sind richtig, sondern in der Vielfalt liegen die Würze und der Keim für Solidarität und Akzeptanz.

Wir leben leider in einer Zeit der Entsolidarisierung, und da hat auch Covid-19 nicht das gebracht, was ich mir anfänglich davon versprochen habe, nämlich mehr und nachhaltige Solidarität zwischen den Menschen. Wir geraten uns ja sogar in die Haare bei der Frage, wer als Erste(r) geimpft werden darf.

Wir haben als Frauen und als Menschen im Allgemeinen noch viel zu tun, wenn wir in einer gleichberechtigten und solidarischen Gesellschaft leben wollen.

Lasst uns diesen herausfordernden gemeinsamen Weg gehen, für uns, unsere Kinder und Enkelkinder und eine bessere Welt.



[1]
https://www.aoef.at/images/04a_zahlen-und-daten/Frauenmorde_2021_Liste-AOEF.pdf
[2]
https://www.zeit.de/kultur/2018-01/gleichberechtigung-metoo-frauen-solidaritaet-10nach8
(Caroline Rosales)
[3]
https://www.welt.de/kultur/article139269797/Warum-mich-der-Feminismus-anekelt.html
(Ronja Larissa von Rönne)
[4]
https://www.boell.de/de/navigation/feminismus-geschlechterdemokratie-lepa-mladenovic-politik-der-frauensolidaritaet-16738.html
(Lepa Mlađenović)
[5]
https://sz-magazin.sueddeutsche.de/frauen/ziemlich-beste-freundinnen-79560
(Meike Winnemuth)

Monika [Matscheko]


[Schumacher] Juliane - Platz 2 | Platz 1 - Tobias [March]