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Die Welt - Träume, Wachträume, Fantasien | Auszug III
Angelobt, was hart macht
Diese Flagge wird aus Anlass der Abpressung des Fahneneids gehisst, und welcher Ort wäre dafür besser geeignet als der Platz des himmlischen Stechschritts. Sie trägt die Farben der Erdbeerschnitte und flattert schlampig über den Denkmälern, mit denen sich das Land seine Geschichte erlügt.
Das Ritual beginnt mit einer verschärften Version der Bundeshymne, die ein Schwarzspecht in die Fahnenstange klopft. Danach betritt eine mit Heißluft gefüllte Galauniform das Podest und verheißt der angelobbaren Jugend das Glück des weltlich und kirchlich bewilligten Mordens. Allerdings fehlt den jungen Leuten der patriotische Glanz in den Augen, den die Fahnen großer Staaten hervorrufen, vor allem wenn sie sich über Särgen kuscheln. Vertreter diverser Versicherungen und Konfessionen informieren über die Entschädigungen für verlustig gegangene Körperteile und Glaubensbekenntnisse mit und ohne Jungfrauenfantasien. Der Zulauf der Bevölkerung ist melancholisch wie der Herbst in Mitteleuropa.
Die aufgeblähte Uniform startet die Bebrüllung des Eides durch die Truppe mit einer ausholenden Geste auf die Fahne, die beim Versuch, fröhlich zu knattern, auf halbmast rutscht Die Würde des Augenblicks wird dadurch nachhaltig beschädigt. Ebenso gut hätte ein grunzendes Ferkel durch die Reihen der Anzugelobenden laufen können. Daran kann auch ein trachtenbewehrter Schauspieler nichts ändern, der Verse über einen gewissen Ottokar vorträgt.
Ein Tusch des stellvertretenden Osttiroler Führungsunterstützungsbataillons beendet schließlich den offiziellen Teil der Veranstaltung.
Hurtig rollen Panzer vor und beginnen die Gaudi in Form eines Wettschießens auf das Papyrusmuseum der staatlichen Bibliothek. Ausgewählt neurotische Kinder unterstützen sie unter wehrpädagogischer Anleitung an Haubitzen. Die Munition wird von der Abteilung Orchideenstudien des Bildungsministeriums bereitgestellt.
Am Ende hängt die Flagge schlapp und schläfrig in den Seilen, und alle sind sich einig, dass wir die besten sind, wobei jeder darunter etwas anderes versteht.
Gerald [Jatzek]
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