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statt eines Menschen Freundlichkeit
oder Flüchtiges Fest


Menschen wurden erschaffen, um geliebt zu werden. Dinge wurden geschaffen, um benutzt zu werden. Der Grund, warum sich die Welt im Chaos befindet, ist, weil Dinge geliebt und Menschen benutzt werden. Dalai Lama

ich bekenne, ich habe gelebt sagt Pablo Neruda.

Die Welt ist schön und rund. Hier in der Wöglerin. Der Sulz. Der Horizont ein anderer. Deine Landschaft, die zu mir kommt, mit welchen Vorstellungen von Formen, Proportionen, Farben, Horizonten, Lauten, Schweigen, Licht, Reflexen: Geborgenheit : ein Strahlen kurz vor dem Wettersturz. Auf der Bank dort oben, wo wir saßen – das eine Mal - jetzt hast du das riesige Gelände der Weidefläche eingezäunt. Wald und Flur. Pflöcke aus Metall mit Draht verzäunt, unter Strom. Dazu das Metall Gatter. Nicht irgendeines. Mit dicken Streben. Und neuer Schraube in einer 3 Zentimeter Mutter – beeindruckend – wie geschickt du bist. Und eine Labestelle mit Wasser steht auch mitten in der Wiese. Ganz hinten links scheint eine helle Zeltplanunterstelle, Oase wie Fata Morgana, wie aus der Zeit gefallen. Hier sang Anna Magdalena, begleitet vom Cembalo mit ihrem Mann, Johann Sebastian Bach vor 320 Jahren die Aria di Giovannini "Willst Du Dein Herz mir schenken, so fang es heimlich an, dass unser beider Denken niemand erraten kann".

Als wir zum letzten Mal unser Kipferl beim Wortner aßen, unseren Kaffee tranken, gabst du Sorge vor, die Tiere seien schon auch durch ein vermeintlich geschlossenes Gatter, das dann nach gegeben habe, entlaufen, auf der Straße kaum einzufangen, hätte der nächste Bauer sich mokiert, seine Pferde seien schon unruhig, daher müssest du Nachschau halten, nach einer Nacht in Wien – du hieltest Nachschau, der Zoo interessierte dich nicht. Erst am nächsten Abend schriebst du zum Abschied. Die Tiere waren kein Thema. Und ich in Sorge. Die Liebe: dass jede Rose Dornen hat ... solange uns die Dornen nur auch weiter Rosen tragen/ die Nacht in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond.*.
Du liebst das Leben. Du lebst dein Leben.

9 Hochlandrinder zähle ich. 4 Schwarze, 5 Braune. Nur neun. Waren es vor 2 Monaten doch mehr? Täusche ich mich? Sie weiden, muhen, ruhen, wie Milchkühe. Eine Wiese, grün, nach Mahd und Regen und ohne dieser Pflanze, die ungut für die Rindermägen.

Ein schwarzes Zottl kommt zu mir. Ich locke kaum. Verwundert – doch es erkennt mich noch, an meiner Stimme, scheints. Ich sage, Peter ist nicht da – reich' ihm die offne Hand, ganz ohne Apfel, an der es schnuppern mag, doch habe ich Respekt vor seinen Hörnern und dann der Strom dazwischen, den es sich merkt mit kleinem Abstand. So stehen wir uns gegenüber. Ich sage, ja da schaust du, dass ich da bin – ich sehe seine dunklen Augen durch den Haarvorhang, die kurzen Läufe, die Hufe nass vom Gras, so steht es da, vor mir und ich vor ihm, so zwischen Erde Himmel, ganz ruhig, ich denke nicht daran, dass es dann übers Jahr es nicht mehr gibt – das Zottl, schwarz, so freundlich bis ins Herz hinein. Inmitten vieler Herbstzeitlosen.

Wie du wohl heißt – das weiß auch Peter nicht, mit deinen gelben Marken in jedem Ohr vielstellig, nur 2 sieben merk' ich mir, könnt' er im Zuchtbuch schauen –
Hier leben gute Laune, Stolz und Reichtum, Traurig- und Einsamkeit, Glück, Intuition, auch Liebe scheint es hier zu geben – was wirklich geschah -

Die Insel hier, du Zottl schwarzes, wird es nur jetzt so geben, vom Untergang betroffen ist alles, was der Sinn des Lebens hier in Wöglerin, der Rechten, die Liebe fragt im Sinken am Eiland, den Reichtum an, ob er denn Platz, sie mitzunehmen, doch hat das Schiff beladen mit Gold und Silber nun keinen Platz, und sticht damit in See.
Auch hat der Stolz perfekt sich eingerichtet, die Liebe könnte richten Schaden an.
Die Traurigkeit so traurig ist, dass sie alleine bleiben muss.
Dann fragt die Liebe die gute Laune; die aber ist so laut und hört sie nicht einmal.

Dann plötzlich aber eine Stimme: mit mir, Liebe, kannst segeln du, mit mir.
Die Liebe sprachlos dankbar glücklich. Vergaß einfach zu fragen, wer sie nun von der Insel rettet.
Fragt später sie das Wissen. Die Zeit war es, sagt Wissen, die Zeit.

Die Liebe ganz erstaunt: die Zeit, ganz ausgerechnet?

Die Liebe also, das scheint zu wissen nur die Zeit.*2

All' das erzählte ich dem ZottlRind, im glänzend schwarzen Fell. Es schaute so verständig – beim Segeln aber wollt’ es doch lieber einen Kompromiss. Ich nehm' dich mit, sagt ich, es schaut, dann setzt es seine Masse in Bewegung, behende fast den andern zu, und dreht sich um, und geht und steht und dreht – macht kehrt –

Sag' dem Zottl: auf Erden ein Abschied im Herzen für immer – es hebt den Kopf, schaut, schaut und schaut – es kämpft nicht, lässt, was es tut, geschehen.

Ich pflücke lila Blumen in der Wiese. Die Margeritenköpfchen hast du abgemäht. Dazu auch Fette Henne. Zu einem Strauß, Lavendel auch, tiefblau. Die lila fluffy Blüten heißen Witwenblume (knautia arvensis), ich habe nachgeschaut.


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* Mascha Kaleko (1907-1975)
*2 Quelle unbekannt

Mechthild [Podzeit-Lütjen]


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