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litera[r]t
[heft 8] [märz 2013] wien - st. wolfgang
aus der werkstatt
raimund bahr
dreihundertfünfundsechzig und eins alle vier [auszug]
sommer. ein weg. hinauf. eine bank am wiesengrund. ruht. im tal.
ein see. ruhig. spiegelglatt. an den letzten spürbaren tagen.
vorwegnehmend die berauschenden schattierungen des herbstes.
der abend zum pflücken reif wie erdbeeren. zwischen porösem stein.
ein weg. hoch hinauf. zum ende eines grates. zum gipfelkreuz.
licht versickert hinterm bergkamm. ein abend zerbricht.
im schatten der dämmerung. farben verlöschen.
der sommer nistet sich ein. immer. ungefragt. mit sonne überm schilf. flirrt.
flackert. auf den flügeln der libellen. der geruch von süßem morast. über dem ufer.
zwischen steinen. das wasser dümpelt. wellenlos. glitzert. hell. in der abwesenheit
von allem. nur licht. bis zum schatten am hang. grün. jeden inhalts. zahllos. am hang. das grün.
herbst. in den tälern der schwermut. nachts. in den hügeln. fenster.
registraturen der neugier. abschätzig. schlagen vorhänge auf und zu. werfen blicke. regen.
glänzt. auf reglosen wegen. die netzhaut der stadt. uferlos. ausgebreitet. zwischen den gebirgen.
kantig. eckig. verwahrlost. lichtlos.
verlassene ackerfurchen. reben. gebunden. verdrahtet. rasten. nach schwerer last.
vergangener reife. dazwischen. gepflasterte wege. verweisend. auf den hügel.
nach süden blickend. auf die ersten tage. das mögliche. verflüchtigt sich. rasch.
ohne verwarnung kommt was kommen muss. das leben. etwas. kaum verstanden. schon vorbei.
so geht es hin. bevor es noch in einklang ist. mit der fülle. die aus den reben quillt.
für spätere. bessere zeiten.
ende. nichts als ende. wo keiner mehr die welt betritt. ist alles wie es ist.
ohne voraussetzung. ohne nachsatz. anwesenheit ohne sein. hellgrau. ein leuchturm. noch da.
ohne licht. am boden. der länge nach gestreckt. im zwielicht der dämmerung. wegweisend in jede
himmelsrichtung. nord ist ost. west ist süd. in den tropen wächst immer noch der mangobaum. im polaren
herzen verlassener schnee. ein schlitten. und über allem. himmel. blau. weit. endlos.
virginia schrieb: a room of one's own. ein zimmer. für mich. allein. allein sein.
im zimmer. entwurf eines ichs. hingegeben. weltsein. fremdsein. mir zugewandt. ohne verpflichtung.
ohne stand. ohne ehre. ausgesetzt dem schmerz. alleine. für mich. im zimmer.
© beim autor
raimund bahr wurde 1962 in mödling (nö) geboren. studium der geschichte an der universität wien.
promotion 1992. studium der germanistik an der universität salzburg.
biographische arbeiten zu herbert zand, marie langer, elisabeth freundlich, erika danneberg und günther anders.
publikationen auswahl
einander zwei. erzählung. 2009.
kaltes land. lyrik der gegenwart. band 6. 2010.
kleingeschrieben. journal. 2010.
zwölf mal zwölf. lyrik der gegenwart. band 17. 2012.
gebete eines atheisten. lyrik der gegenwart. band 26. 2013.
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