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litera[r]t
[heft 7] [oktober 2012] wien - st. wolfgang
Brand
klaus ebner
Dabei habe sie ihn vorher gewarnt: du hör mal, habe sie gesagt, die sind ziemlich scharf, die Peperoni, auch wenn du es nicht merkst,
wenn du sie wäscht. Ach was, habe er geantwortet, das sei doch halb so schlimm, und überhaupt: er spüre eigentlich gar nichts;
die Schärfe könne sich doch erst beim Essen bemerkbar machen, nach dem Kochen also. Sie habe es ihm gesagt, und wie so oft seien
ihre Worte ignoriert worden. Sie schüttelte sich und grinste. Aber diesmal habe sich seine Ignoranz gerächt. Nicht einmal die Hände
habe er sich gewaschen, platzte sie nunmehr lachend heraus, aber er sei aufs Klo gegangen, pissen, und so, wie die Männer das halt
machen, im Stehen und an seinem Ding herumnestelnd. Schon ein paar Minuten später, habe er ihr gestanden, hätte dieses unglaublich
starke Brennen angefangen. Allmählich zuerst, etwas unbestimmt, direkt auf der Haut des Penis, aber auch, worüber sie sich wundere,
in der Harnröhre, also innen, obwohl da gar keine Berührung stattgefunden habe. Verwundert über die unvermittelten Schmerzen habe er –
heimlich im Schlafzimmer, schmunzelte sie – alles ausgepackt und akribisch untersucht: natürlich mit den Fingern, mit denen er die
Peperoni gesäubert und die er noch immer nicht mit Seife gewaschen hatte! Gleich darauf habe sich das Brennen über den gesamten
Penis und den Hodensack ausgebreitet, er habe nicht mehr feststellen können, ob der Schmerz seinen Ursprung äußerlich oder
innerlich hätte, außerdem sei keine Rötung zu sehen gewesen, was ihn völlig irritiert habe. Zu dieser Zeit habe sie ja noch
immer nichts davon bemerkt, ihr sei lediglich sein leicht verzerrter Gesichtsausdruck aufgefallen, so, als habe er etwas
vergessen oder kiefle an einem alten, jedoch nach wie vor ungelösten Problem. Erst als er sich die nächste Stunde wieder
ins Schlafzimmer zurückgezogen und kein Wort mehr zu ihr gesprochen habe, sei sie misstrauisch geworden, habe schon etwas
ganz anderes vermutet – im Schlafzimmer, sie wisse ja, was er da manchmal treibe, wenn er seine Magazine auspacke –, doch
diesmal sei es irgendwie anders gewesen und sie habe ihn mit einem geradezu bemitleidenswerten Gesichtsausdruck auf dem
Bett kauernd gefunden. Natürlich habe sie ihn zur Rede stellen wollen, doch schon beim ersten Wort sei alles aus ihm
herausgesprudelt, er habe gesagt, sie hätte Recht gehabt mit den Peperoni, und er bedauerte, nicht auf sie gehört zu haben,
aber jetzt wisse er nicht, was er tun solle gegen dieses grauenhafte Brennen, das sich wie ein Flächenbrand nicht nur über
sein Geschlecht, sondern den ganzen Unterleib ausgebreitet habe. Sogar die Hände hätte er sich bereits gewaschen: dreimal,
viermal, mit viel Seife, sogar mit einem Desinfektionsmittel hätte er geliebäugelt, davon aber dann doch Abstand genommen,
weil die Schärfe der Peperoni ja wohl nichts mit Bakterien zu tun habe. Sie habe sich dann nicht mehr halten können und sei
in lautes Lachen ausgebrochen. Heute tue ihr das ja leid, bekannte sie verschmitzt, aber die Situation sei dermaßen skurril
gewesen, dass sie sich nicht habe halten können. Noch eine ganze Stunde später, als das Brennen bereits aufgehört hatte, habe
sie immer wieder, weil sie daran denken musste, unvermutet aufgelacht.
© beim autor
klaus ebner. geboren 1964 in wien. studien der romanistik, germanistik, translationswissenschaft und europäischen wirtschaft.
brotberufe in der informatikbranche und als übersetzer. autor von erzählender prosa und essays. schreibt lyrik auf deutsch und katalanisch.
mitglied der grazer autorinnen autorenversammlung, des österreichischen schriftstellerverbandes und der katalanischen schriftstellervereinigung AELC. vierter preis beim feldkircher lyrikpreis 2005. erwähnungen bei la catalana de lletres 2004 und beim premio internazionale di poesia nosside 2007.
wiener werkstattpreis 2007 und zweiter preis des kurzprosa-wettbewerbes des ÖSV 2010.
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