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litera[r]t
[heft 6] [juni 2012] wien - st. wolfgang
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Manfred Chobot
zwergen sich gartenzwerge
in deinem garten ernten denn
der ast ragt über die grenze
kirschen lutschen und die kerne
ausspucken und nichts als spucken
bis einem die spucke wegbleibt
den dünger für den rasen mähen
sonst muss geschnitten werden
was nachwächst mit einem messer
damit die narbe sichtbar wird
sonst brauche ich niemanden
den gartenzwerg verbannen wir
und ernten reichlich nüsse mit einer
schale aus papier
gefallen gefällt
ein gefallen das sich gefallen lässt
kommt es nicht darauf an
lassen sich die fallen darauf ein
tiefer hat der mond das wasser
fallen lassen an der oberfläche
der spiegel einer küste sichtbar
abgesenkt den wasserspiegel
möchte eine hand sich gefallen
zwischen beinen auf und ab
wie flut und ebbe darüber hinaus
mit dem kopf untertauchen
hält die luft sich in den lungen
rumpelstilz tanzt wieder
rumpelstilz kann auf einem bein
den ärger mit den armen loslassen
sich tanzend betragen wie seinerzeit
mit gebärden und worten im kreis rennen
um keinen grund in den boden zu stampfen
bis der boden sich ergibt als lehmpatzen
und gar patzig widerspricht dem rumpeltanz
ist der tango nicht nur in argentinien daheim
auf dem gipfel geht dem rumpel die luft aus
liegt flach und ködert hänsel und lockt zu sich
gretel wenn der rumpelschuh blasen drückt
mit den armen beint und armt die beine
sich der rumpel um die eigene achse
ausdrücklich gemacht ganz kuschelweich
bis zum nächsten tanz beim soloauftritt
zu herzen genommen
mit herzblut lässt sich herzlich kochen
ein paar tropfen in die pfanne
gehauen eine brise emotionen
auf kleiner flamme damit die wut
über die nachrichten nicht anbrennt
die uns täglich serviert werden
wenn die toten ausbluten
immer wieder und längst nicht
mehr überschaubar sind
infarkte ich mich
explosiv
bilanz
mutter ist keine mama
die spalte zwischen ihren brüsten
führt in ungeahnte tiefen
ihre berührungen sind bargeld
das sich zuneigung erkauft
bezahlt mit essen und leckereien
wenn es kühler wird drängt sie
pullover auf damit ihr wärmer wird
flüchtete sie zum grab ihrer mutter
die nicht abtrieb weil großvater mit
anzeige drohte wurde sie geboren
ihr eigenes kind fürchtet die rückkehr
der mutter vom friedhof
© beim autor | textproben aus dem buch gefallen gefällt
geboren am 3. mai 1947 in wien, lebt als freier schriftsteller. mitglied der "grazer autorenversammlung" (Vorstand),
der ig autorinnen/autoren (vorstand), des "podium" (obmann von 1994 bis 2005) sowie der internationalen autorenvereinigung
"die kogge" (vorstand seit 2005). mitbegründer des "1. wiener lesetheaters und 2. wiener stegreiftheaters". herausgeber der
reihe "lyrik aus österreich" im verlag grasl, baden bei wien von band 51 (1991) bis band 100 (2004).
redakteur der literaturzeitschrift "podium" (1992 bis 1999); beteiligung an internationalen mailart-projekten und zahlreichen poesie-festivals.
gedicht-bücher
lave noir / schwarze lava, französisch und deutsch. mit zeichnungen von henri michaux (2009); podium porträt, Nr. 29. ausgewählte gedichte.
vorwort erika kronabitter (2007); abandoning the memory / die erinnerung preisgeben, englisch und deutsch (2007); sólo volar es más hermoso /
nur fliegen ist schöner, spanisch und deutsch. vorwort enrique moya (2006); nach dirdort, gedichte und bildgedichte. fotos von manfred chobot (2005);
römische elegien – 69 und 6 ein/stellungen zur liebe. nachwort jeanne benay (2000); kumm haam in mei gossn, dialektgedichte (2000); ansichtskarten.
statt/stadt-bilder, fotos vom autor (1997); ich dich – und du mich auch (1990); sportgedichte (1989); krokodile haben keine tränen (1985).
webseite www.chobot.at
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