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litera[r]t
[heft 3] [september 2011] wien - st. wolfgang



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wieso der mückenschschwarm dein augenlicht umtanzt
Klaus Ebner


1

fang mir den Mond
benutz die Leiter, steig hinauf
pass auf, dass dir die Sprosse
nicht zerbirst – sie ist aus Glas
geblasen aus dem feinen Sternenstaub
der nächtens rieselt aus dem Firmament
und wenn du ihn dann hast
den Mond
gib Acht
dass er sich nirgends stößt
denn seine Haut ist so verletzlich
wie die meine


2

Kritzenblätter, Zwetschkensaft und Wattebausch
und all die andern
großen
Träume, die wir einst im Baumhaus hatten
weißt du, was damit geschah?
wir haben sie doch nicht … verloren?
feine Lacher
beinah ernste Blicke
alles das verschwunden?
oder stecktest du die Träume in die Kapsel
die du vor den Augen andrer
stets verbirgst?


3

das Fenster hell und offen
strömt ein Duft von Lilien herein
die Sonne steht noch tief
vereinzelt wecken ihre Strahlen
Schlafende

du sitzt am Tisch
die Beine weit von dir gestreckt
die Tasse klimpert löffelweise wirst du wach
wenn du im Wintergarten
meine Träume trinkst


4

stella gemella
im Dunkel des Tages
stella gemella
lo spazio di veste
vom Anfang zum Ende
die Wächter des Daseins
trotz Gleißens so fern
ein zusammengeschmolzener Punkt
und mich friert in der Nacht
mit der Sehnsucht zu wachen als
Zwillingsgestirn in der Mitte der Zeit
die vor ihrem Ablauf
vergangen
im Dunkel des Tages
stella gemella


5

wir rudern
Freund, wir rudern
reich das Paddel rüber
denn wir rudern
wo denn hin?, fragst du
na gradeaus
wir rudern
Freund, wo kommt das Wasser her?
wir wollen rudern
nimm das Paddel
nimm den Eimer
denn wir schöpfen
Wasser, Wasser
wo denn hin?, fragst du
na raus
es ist so wenig Platz im Boot
reich her das Paddel
rasch


6

die Lippe zuckt zurück
ein Tropfen
perlt ein scharfes Wort entlang
er findet wie auf Messers Schneide seinen Weg
als gäb es keine schiefe Bahn
als stürben Überheblichkeiten von allein
die Stimme schlägt die Flügel auf
erhebt sich lärmverdrossen
um ein letztes Mal ganz souverän
sich aufzubäumen
und ein Luchsblick linst ganz ungeniert
durch uns hindurch


ebner, klaus
geboren 1964 in wien. studien der romanistik, germanistik, translationswissenschaft und europäischen wirtschaft.
brotberufe in der informatikbranche und als übersetzer.
autor von erzählender prosa und essays. schreibt lyrik auf deutsch und katalanisch.
mitglied der grazer autorinnen autorenversammlung, des österreichischen schriftstellerverbandes und der katalanischen schriftstellervereinigung AELC.
vierter preis beim feldkircher lyrikpreis 2005. erwähnungen bei la catalana de lletres 2004 und beim premio internazionale di poesia nosside 2007. wiener werkstattpreis 2007 und zweiter preis des kurzprosa-wettbewerbes des ÖSV 2010.

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wieso der mückenschschwarm dein augenlicht umtanzt

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