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litera[r]t
[heft 2] [märz 2011] wien - st. wolfgang
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Wir sind alt. Wir sind nicht mehr attraktiv. Wir sind.
Armin Anders
Alles ist wie in einem Nebel.
Ein grauer Schleier umgibt alle Dinge.
Alle Erinnerungen sind Echos.
Nichts Wirkliches.
Tag um Tag erfahren wir das.
Nacht um Nacht gräbt sich das ein
Was man begraben glaubte: die Vergangenheit.
Alles wird zur Vergangenheit. Auch die Gegenwart.
Auch die Gegenwart existiert nur noch im Schatten.
Im Schatten des Vergangenen in allen Erinnerungen:
Den vermeintlich lichten und den verschatteten versunkenen.
Alles das kommt ans Licht. Alles das bleibt im Schatten.
Im Schatten eines Leben Nein des ungelebten Lebens.
Der Sehnsüchte der Hoffnungen der Begierde.
Des Exzesses des Scheiterns des Schicksals.
Gelebt nur das Leid und die Schmerzen.
Und die Krankheiten und das Sterben.
Wir versterben alltäglich.
Unser aller Alltag: Unser
Sterben ist es das wir
Einander bereiten.
Schicksal ist nur ein anderes Wort unseres Scheiterns.
Von Anfang an brennen wir.
Und also verbrennen wir.
Ob das Leben nun lang ist
Oder kurz ist (oder was auch immer):
Das Leben ist einsam und im Tod
Sind wir elendiglich alleine.
Das eint und das trennt uns alleine.
Wir können den Tod nicht (er)leben
Und das Leben nicht erleiden.
Das Leben ist Leiden.
Das Leben ist nicht zu erleben.
(Und die in den Himmel gestreckte Hand. )
Das Universum beachtet in seiner Kargheit.
Wir betrachtend in unserer Kärglichkeit.
Wir sind unsere Lebensunwelt. (Wir sind. )
Das Leben nichts als eine große Sehnsucht.
Unstillbarer Hunger unerlöster Verdammnis. (Ewiglich. )
Glaube und Tod und Liebe und Angst und all allein.
(Und die in den Himmel gestreckte Hand. )
Wir sind alt. Wir sind nicht mehr attraktiv. Wir sind.
Wir wissen das.
Wir erfahren das.
(Andauerndes Bedauern. )
Die Zeit wird immer kürzer
(Wie immer sie das auch anstellt).
Das Bedauern wird immer größer
Und umso gewaltiger die Trauer.
Nicht das Vergehen der Zeit ist die Schwere.
Nicht unser Vergehen in der ewigen Zeit.
Das Vergehen unserer Sehnsucht ist es
Trauer und Angst macht uns einsam und alleine.
(Der Zeit ihre Zeit lassen ja aber wie. )
Die Zeit nimmt uns unsere Zeit.
Der Tod nimmt Gestalt an
Ja er bekommt ein Gesicht.
Das eigene. Gelassen nur
Der Tod er schaut uns an.
Wir schauen entsetzt zurück.
Der Tod hat das eigene Gesicht.
Die letzte Maske die wir tragen ist das eigene Gesicht.
Wir schauen in den Spiegel.
(Immer weniger. Immer mehr. )
Was wir sehen macht uns nur härter.
Was wir ersehnten machte uns grob.
Roh waren die Menschen
In unserer Zeit. (Immerzu. )
Kalt sind sie heute und
Hier und jetzt und
(Mehr und mehr).
Was ist die bessere Zeit.
Unsere Erinnerungen.
Die Vergangenheit.
Das vergangen Geglaubte.
Alle das frisst uns auf.
(Mehr und mehr und Immerzu. )
Das Gestern frisst uns auf.
Die Erinnerungen
Fressen uns auf. Alleine
Bleiben wir zurück mit uns
An namenlosen Orten ohne Zahl.
Die Gegenwart kennt
Kein Echo und kennt
Keinen Schrei.
In der Gegenwart
Fressen wir einander auf.
In der Gegenwart leben
Ist in Angst leben.
In der Vergangenheit leben
Ist einsam ungelebt leben.
So oder so. So und so:
Leben ist Überleben.
Wir sind alt. Wir sind nicht mehr attraktiv. Wir sind.
(Ver)Fassung vom 1.2.2011
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