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litera[r]t
[heft 1] [jänner 2011] wien - st. wolfgang



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Nachtgedichte
Raimund Bahr


1.
Die Nächte sind lang
wenn zärtliche Umarmungen
in Traumstadt verloren gehen.

Die Nächte sind lang
wenn trauriges Kinderlachen
durch Traumstadt läuft.

Die Nächte sind lang
wenn unbändiger Haß
durch Traumstadt wandert.

Die Nächte sind lang
wenn ängstliche Augen
in Traumstadt Versteck spielen.

Die Nächte sind lang
wenn bewaffnete Kommandos
durch Traumstadt marschieren.

Die Tage sind kurz
wenn ich diese Nächte erwarte.


2.
Es gibt Nächte
da ist das Leben
ein Traum.

Doch bald
graut der Morgen.

Was bleibt
ist der herbeigesehnte
traumlose Tod.


3.
Manche Nächte
sind wie das Ende einer Reise.

Wenn mir aus dem Spiegel
ein Bild entgegentritt
das nicht Ich
ist
das Du
sein könnte
das einem Wir
gleicht.

Einem Wir
das morgens
hinter Dächern
in Regenpfützen
nach Sommergewittern

in tausend kleine
unscheinbare Teile zerspringt.


4.
Taglanger Morgen.
Nebelgleiches Warten.
Abendstirniges Licht.
Schneeleise Zeit.
Nachtweise
Einsamkeit.


Textproben aus dem Buch
kaltes land

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