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litera[r]t
[heft 15] [juli 2017] wien - st. wolfgang
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MACBETH.LADY. MONOLOG.
DREI BILDER MIT PROLOG
Fragmente frei nach William Shakespeare, 2007-2017
Armin Anders
The king's taken back the throne
The useless seed is sown
ARCADE FIRE, Intervention, 2007
PROLOG
Wer ist der Anfang? / Wer das Ende? / Welcher Gott ist
Mit wem? / Wer mit welchem Gott? / EntwederOder
Wer nicht den genehmen Weg nimmt / Nimmt sein Urteil / Schon vorweg
Wer nicht die heutge Sprache spricht ist / Heute noch besprochen / Morgen schon /
Kein einzig Wort / Mehr wert / SowohlAlsAuch
In Meeren von Lärm / Versinken all die Stimmen / Wie Äste im (frischen) Morast
Im Sterben ist das Tote / Stets bei uns / Was begraben ist
Ist nicht tot / WIR ALLE SIND / UNSCHULDIGE TÄTER
Wir alle wollen leben! / Sicherheit ist Sieg / Sieg ist Heil!
DENN / NICHT DEN UNSCHULDIGEN / GEHÖRT DIE WELT
Wasche die Hände / In Blut und lasse Schuld / Kommen über uns!
Lasse Erbarmen und Sühne / Fallen wie Menschen! / Ins Nichts
Der aber mordet / Tötet immer auch sich selbst / Nicht anders ist es
Sieg ist Chaos / Nicht die beste Zeit der besten / Goldene Leere füllt die Räume.
(Bespiegelter) Lärm die Köpfe / Ohnmacht alle die Körper / Wenig zu sagen
Bloß: EntwederOderSowohlAlsAuch / Angefangen hat / (K)Ein Ende
ERSTES BILD
Winterregen. Nebel und Rauch mischen sich. Reste vom Schlachten. Hunde nagen an Körper. Zerlumpte
Gestalten raufen sich um die Gewänder der Leichname.
MACBETH und BANQUO.
MACBETH:
So schlecht ein Tag / Und recht ein Tag / Das gab es so noch nie
So wüst und schön / Ein Tag wie kaum ein andrer / Zweiter je zuvor
Nicht ganz so glücklich / Ganz wie die letzte Friedensnacht / Vielleicht viel glücklicher
Kleiner noch als MACBETH / Und größer doch am End / Als der vergangne Morgen
Der erhabne Himmel / Sieh / Grau in grau / Es scheint
Als ob er alle / Noch den letzten Sünder / ins Verderben stürzen wolle
Als wie ein Adler / Mit gebrochnen Flügeln / Schicksalsschwanger
MACBETH nimmt etwas Erde auf zerreibt sie zwischen den Fingern und riecht daran.
Die Erde sie hat / Blutge Blasen heut / Und atmet schwer
Und was all / Die Körper waren / Ist abgeflossen
Wie zerschmolznes Eis / Wollt sie alle / Wärn noch da
Das feiste Fass / Voll fetter Hoffnung / Und feuchter Träume
Doch nur / Elend Totgeborener / Mit dem gestern
Noch der Pakt / Der sogenannten / Freundverschworenen
Besiegelt / Heißt und satt betrunken wurde / Ist heute bloß
Ein karger und gewaltger Sarg / Und satt darin allsamt / Verfaulendes Fleisch
Nichts bleibt / Als fleißge Fliegenmassen / Und all der höllische Gestank
Des toten Menschgetiers / Macht Mut uns auf frische / Finstre Taten zugleich
Inmitten all der Unruh / Und des Aufruhrs / Des Aufschreis
Bösgewordener Natur / Wurden wir / Wer wir sind
AlleTagundAllNächt / Die toten Väter / Sie lassen grüßen
Und wir / Wir grüßen mit stolzer Brust zurück / Ihr Opfer
War gerecht und gut / Wir werden folgen / Allesamt
Nichts steht / Heute noch / So wie es soll
Alles muss / Wohin wir / Wollen
Lasst die Toten / Die Toten begraben / Und wir
Im Feiern / Unsrer Ehre / Unsres Mutes
Begehen neue / Alte Taten hungrig / Nach Gemetzel
Grauen / Gesehenes Grauen / Gedachtes gemachtes Grauen
Und alles Gut und Bös / Immer wieder / Ganz von vorne an
Denn nur der Krieg / Bringt uns allein was / Feste Antwort ist
Denn nur das Schlachten / Gibt uns Sicherheit / Treibt uns voran
In diesen wirren / Irren losgelassenen / Losen Zeiten
Ist der einfachste Gedanke / Erschütternd bodenlos /Und jeglich Tun
Ein Abgrund / So wie unser Taghandwerk / Und mein Selbst
Als rechter Mann / Als richtger Mann / Und gerechter Täter sagt
Wer nicht für uns ist / Ist gegen uns / Und wer für uns ist
Und Speichel leckt / Ist dem zu trauen / Nein sage ich
Im Anfang ist / Das Ende immerschon / Und ohn allen Sinn bleibts
Voll nur von Gier / Und voll von Gewalt / Wie Mutter Natur
Ganz zerrüttet / Ist mein Selbst heut / Im Zweifeln gefangen
Ob des Schlachtens / Und nichts ist / Was nicht ist (beiseite) Glamis
Bist du jetzt MACBETH / Und Than von Cawdor / Das Grässlichste aber
Ist noch nicht getan / / Das wahre Große harrt noch / Der Geburt mit blutgen Zangen
Wieder zu BANQUO:
Will dass Schicksal / Mich zum Führer / Führt das Schicksal mich
So kommt / Was kommen muss / Alles was ist
Ist recht und / Schlecht zugleich / Stund und Zeit
Sie sterben auch / Am hellsten Tag / BANQUO Freund
Mitschlächter / (beiseite) Noch dank ich dir / Genug Gedanken!)
Wieder zu BANQUO:
Der Schlachten / Sind heut zwei geschlagen / Bruder in der Tat
Sie waren / Nicht die ersten / Sie werden nicht
Die letzten Opfer unser sein / Wir wissen das / Wohl
ZWEITES BILD
Schloss im Spinnwebwald. Es lärmt am Schlosstor. Der NARR eilt hinzu.
NARR:
Obacht / Wer immer auch / Da lärmt da draußen
In der Finsternis der Nacht / Die Totenruhe stört / Als seis Nichts
Obdach / Wird nur kurz gewährt / Auf unser aller Erden allein
Können doch nur / Könige schlafen / In aller Ruh und Seligkeit
Schreit nicht Herren / Wie das unterworfne Land / Sonst muss
Auch ich / Unendlich schreien / Und am Ende dann hör ich
Mein eignes Wort nicht mehr / Und ich versteh mich nimmer / Werte Herren
Ich komme sicher schnell / Ich komme so sicher / Wie der Tod
Das ist mein elend Los / Was soll denn / All der laute Lärm
Friede sollte sein / Und Seligkeit / Unter den Menschen
Der Herr hats ausgerufen / Tausend Jahr zuvor / Der Herr hats
Schwer bezahlen müssen / Mit seinem Blut / Am Römerkreuz
Friede soll sein / Waren seine letzten Worte / Zürnt nicht
Den Mördern / Hat er gerufen / Unterm zerissnen Himmelszelt
Sind alle Menschen Schafe / Und ich ich bin ihr Hirte / So sagte er
Warum der Lärm werte Herren / Friede soll sein / Wie kann Friede sein
Am lichten Tag / Wenn schon in der Nacht / Die Toten geweckt werden
Ich komme / Werte Herren ich komme / Nur kein Aufstand!
DRITTES BILD
LADY MACBETH legt den Brief beiseite.
LADY MACBETH:
Glamis bist du jetzt mein Mann / Und Than von Cawdor / Das Grässlichste aber
Ist noch nicht getan / Das wahre Große harrt noch / Der Geburt mit Zangen
Denn unser alleinig Kind / Die Macht sie wird noch groß / Und größer werden müssen
Als wir beide jemals waren / Größer noch und grausamer / Doch fürcht ich aber
Deine innere Natur / Sie ist so vollgesäuft / An Muttermilch
Und Menschenliebe / Die ich nie kannte / Die ich nie wünschte
MACBETH tritt ein und umarmt Lady Macbeth.
Ach mein Geliebter / Than Ehemann Geehrter Mann / Dir sei alle Macht
MACBETH:
Die Macht alleine / MyLady / Die Macht allein
Ist nicht alles / Denn alles ist nichts / Ohne die umfassende
Herrschaft über alles / Und über alle / Herrschaft
Über das Erdenrund / Herrschaft über / Leben und Tod
Das ist die wahre / Das ist die wirklich Macht / Schönste Lady
Herr sein / Im eignen Haus / Ist alles das ich weiß
Herrschen heißt / Töten / Zerstören / Vernichten
Herr sein / Bis allen / Selbst im eignen Haus
Das Blut / In den Adern gefriert / Herrschen
Bis dass alles Blut / Kalt dampft / in den Adern
In den Hirnen / Unserer Mitstreiter / Unseren Verbündeten
Vor allem aber / In den Körpern / Unserer Feinde
Wie unseren Untertanen / Erst wenn alles / Im Blut schwimmt
Namenlos / Auf namenlosen Straßen / Wenn unsere Feinde
In ihrem eignen Blut / Ertrinken / Erst dann
Schlafen wir / Fest und gut / Und sicher
Ihr Hütten auch / Sie müssen brennen / Immer wieder
Aufs Neue / Denn nur die Angst / Bannt den Widerspruch
Nur wenn alle / Täglich Dreck fressen im Lande / Können wir
Sicher sein / In unseren festen Burgen / Ihre Angst muss
Soll unsere Feste sein / Wer beladen ist / Mit Mühsal Erhebt sich nicht /
Wer in steter Unruhe ist / Erträgt keinen Aufstand
Wer verdammt ist / Und verflucht / auf alle Erdentage alletag
Mit Pflugscharen / Kärgliches Mahl / Aus der Erde zu pressen
Hat keine Kraft / Das Schwert zu heben / Gegen die Herren
Nicht das ich / Eine Kampf fürchte / Wenn es zu metzeln gilt
Bin ich ganz vorne / Totschlag ist mein ganzes Leben / Alle wissens
Menschenschlachten bringt / Mein edles Blut / In tolle Wallung
Doch besser ist / Als all die Müh / Das allgemeine Theater
Von Schweiß und Angst / Und fortgesetztem Terror / Gut zu spielen
Im Haus des Herrn / Soll Friede sein / Und Wohlstand
Herrschaft über Massen aber / Sie braucht der / Eisernen Hand
Das Volk / Ist schwach und / Weibisch noch dazu
Was bringt es / Halbe Menschen / Hinzuschlachten
Auszumerzen / Wenn sie nachwachsen / Wie Getier
Unruhe ists / Was es braucht ist / Dauernd Schauspiel
Vom Jüngsten Tag / Auf dass es brenne / In den Köpfen
Auf dass sie nicht / Und nicht aufhöre / Die Unterwerfung
Wir finden Frieden / Im Hause des Herrn / Alleinig wenn alle
Keinen Frieden finden / Ein jeder gegen jeden / Und Jedem das seine
Mord und Totschlag / Brauchen wir / Unter unsren Feinden
Unter den unsrigen Unteren / Nicht aufhören soll / Nicht einen Augenblick
Die göttliche Tragödie / Von der Schuld / Und der Sühne
Lasst herrschen / Das Theater der Macht / Was ist besser
Ein Mord / Aus Berechnung oder / Ein Mord aus Leidenschaft
Wen kümmerts / Mord und Totschlag / Müssen weitergehen
Der Hunger muss bleiben / Und die Armut / Das AngstBlut
Muss fließen / Auf den Straßen / In den Köpfen
Wir sitzen nur / Auf unsren Thronen / Sicher und gut
Wir schaffen nur / Mit unserem Geschäften / Was wir wünschen
Wenn das Weltengefüge / Unsriges alleine bleibt / Wer nicht
Für uns ist / Der ist gegen uns / Wer gegen uns ist
Der muss fürchten / Alles zu verlieren / Alles
Nicht nur sein Leben / Nur der Terror / Schafft uns Raum
Und Sicherheit / Auf alle Tage / Nah und fern
Was Du schön bist Geliebte / Will ich / schrecklich sein
Unsere Reich / Ist nur von unserer Welt / Es soll
Ein goldenes sein / Geliebte Lady / Wir leben
Alsdoch nur einmal / Lass uns / Nicht zögern
Und nicht Zweifeln / Ob unserer Gewalt / Unsres Herrschens
Ohn Gewalt ist da / Kein Oben / Und kein Unten
Es gibt kein Reich / Des Guten / Und des Bösen
Es gibt nur unser Reich / Und den Tod / MyLady Geliebte
Unser Traum / Lass uns den Tod / Besiegen
Geheim dabei / Soll und muss bleiben / Was uns bewegt
Unser Schweigen / Sei wie unser Bund / Leben
Wenn wie wir es wollen / Wir wollen es so / Den Tod
Fürchten wir nicht / Nur das Versagen / Wir werden
Schweigen / Selbst wenn der größte Lärm / die Schreie
Unsere Opfer / Nicht aufhören / Werden wir nicht enden
Fortzusetzen / Was wir begonnen / was uns eint MyLady
Ich habe den Krieg / Unter die Feinde gebracht / Ich bin
Und ich bleibe im Krieg / Nun aber soll es / Unser gemeinsames
Handwerk sein / Gemeinsam werden wir / Nicht verzagen nicht versagen
Wir erklären dem Leben / Den Krieg / Nimm meine Hand Wer will uns aufhalten /
Wer will uns stürzen / Wir werden
Die Totenäcker satt füllen / Mit vielen Leben / Erdweltenschwer
Die Menschen glauben / Was sie sehen / Das aber
Was sie sehen / Das können sie / Nicht glauben /
Das Grauen / Das Grauen hat ein Gesicht / Komme
Was ich will / Komme was wir wollen / Gebieterin
Ich bin MACBETH
LADY MACBETH:
Wie die Götter / Lass uns gleichgültig werden / Unendlich kalt sein
Gegen jegliches Schicksal / Der Halbmenschen / Ruhelos haltlos
Leben sie hin / In ewger Angst gefangen / Leben sie schwach dahin
Sklaven sind sie / Sklaven ihrer eignen Ohnmacht / Untertanen ewiglich
Ich will / Kein Sklave sein / Ich will frei sein Gebieter
Keine Alpträume mehr / Ich will / Ewge Sicherheit
Gefährte / Geliebter Macbeth / Nur keine finstre Zweifel jetzt / Denn nur
Wenn wir entschlossen sind / Und festen Willens / Die Kriege fortzuführen
Auch ohne Sinn und Zweck / Den Kult des Todes / Hochzuachten und
Wenn vonnöten selbst die Nacht / Den Schlaf selbst zu töten / Macbeth
Nur so sichern wir unser Überleben / Im Lichte aller Tage / Und sitzen danach
Fest und hoch auf unsrem Throne / Im Licht und setzen Samen / Für neue Untaten
Nur der rohe Terror / Nur die stete Grausamkeit / Sichert Herrschaft
Denn alle Herrschaft / Ist Terror oder sie ist nicht / Nur das Nichts
Alleine sichert / Alles das Unsere / Nur keine finstre Zweifel nicht
Sicherheit sei / Unser hoheitlicher Dienst / Herrschaft unser Verdienst
Ich will / Kein Sklave sein / Ich will absolut frei sein
Keine Alpträume mehr / Ich will / Totale Sicherheit
ICH BIN MACBETH
MACBETH:
Manche die leben / Verdienen zu sterben / Manche
Die starben / Verdienten zu leben / Wer überhaupt
Verdient es zu leben / Wer zu Sterben / Niemand vielleicht /
Alle vielleicht / Wer kann das Leben nehmen
Wer kann es geben / Wir können es / Wir müssen es /
Gott ist tot / Wir haben ihn getötet / Kain ist unser Bruder
Um den Acker zu bebauen / Braucht es Pflugscharen / Und Schwerter
WIR SIND MACBETH
(…)
© beim autor
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