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Die Homeofficezeit des Jahres 2020 hat es möglich gemacht, liegengebliebene Gedanken aufzuarbeiten, zu verarbeiten und mit neuen Perspektiven zu versehen und literarisch zu ordnen. Das letzte Jahrzehnt begann mit der Publikation des ersten Journales des Autors 2011 mit dem Titel kleingeschrieben, und es war nicht nur ein Jahrzehnt gesellschaftlicher Umbrüche, sondern auch eines, in dem sich der Literaturmarkt durch die Digitalisierung radikal verändert hat und mit ihm das Berufsbild des Schriftstellers.
Im neuen Jahrzehnt hat Raimund Bahr mit einem weiteren Journal 2021 mit dem Titel Selbst die Vögel fliegen nicht mehr in den Süden fortgesetzt. Und es hat sich herausgestellt, dass dieses Format das im angemessene literarische Mittel ist, um die Welt noch als das, was sie ist, erfassen zu können. Als zerstückelt, zerfasert und an den Rändern ausgefranst und das Ich lebt in ihr als zerstörtes Ich, als eines, das sich nicht mehr als ein Selbst, sondern als ein Fremdes begreift.
Wichtig war es dem Autor zu begreifen, dass in der Mitte dieser Veränderungen der moderne und zeitgenössische Autor steht und daher auch seine Auseinandersetzung mit dem Literaturmarkt von zentraler Bedeutung sein muss. Von den Verlagen weitgehend alleingelassen, vom Publikum beinahe unbemerkt, lebt und arbeitet der Autor vor sich hin, als wärs ein Geschäft für die Verlorenen.
Die Literaturkritik nimmt von allem, was abseits der Marketingmaschinen großer Verlag in die Mitte der Gesellschaft geworfen wird, ohnehin kaum Notiz. Und der Autor hockt im Auge des Orkans, erfüllt von Poesie und literarischer Kraft, die Veränderungen im Wirbel des Sturms wahrnehmend und doch echolos, verloren.
Bachmann hat einmal sinngemäß geschrieben: Ein Autor ohne Publikum ist einer, der sich fühlt, als sei er gestorben. Mit all diesen Fragen und dem Verlust der bürgerlichen Mitte, mit dem gesellschaftlichen Stillstand, der Beständigkeit der Tage, in der das Leben nur mehr wie eine Variation der sich gleichenden Erfahrungen wirkt, beschäftigt sich nun das dritte Journal 2021/22 mit dem Titel In der Beständigkeit der Tage.
In täglichen Aufzeichnungen, die nur Datum und Uhrzeit tragen, wird notiert, gesichtet und dokumentiert, was sich in der Beständigkeit und Gleichförmigkeit der Tage zeigt, auch im zweiten und dritten Jahr des neuen Jahrzehnts, das sich irgendwann vielleicht das zweite der letzten nennen wird.