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Exilant des Geschlechts

Ich hatte mir gen den so starken Mangel an Befriedigung
Ein strenges, künstlerisches Maß gesetzt
Das wurde mir zum helfenden Prinzip, zum permanenten Sinn

Vom anfangs sagenhaften Reich der Poesie verlockt
Rief ich mich auf, es kunstvoll zu erobern
Nun leb ich mich schon lange aus in ihm
Doch weiß noch immer nicht
Ob ich in seinem kulturellen Zentrum
Als Imaginationsprophet unkündbar angekommen bin

In schlimmen, abgegriffenen Stunden
Begreif ich, dass die attraktive Illusion
Ein bisher unentdeckter Star der Poesie zu sein
Sich in mir dicht und problematisch ausgesät

Ermahne mich von früh bis spät
Mich eher an ein inneres Exil zu halten
Arm, einsam und mit wenig Rechten
Das scheint mir realistischer
Als eifrig um besonderen Ruhm zu fechten

Es scheint, das Schicksal setzt mich fest
Als einen, der nur Kunst betreibt, ansonsten darbt und leidet
Vom unbarmherzigen Gewissen stimmungsmäßig eingeengt
Auch das erfrischende Vergnügen des Geschlechtes meidet

Ich bin, so muss ichs sehen, der unerschütterliche Exilant
Des Sex, der auch im legendären Reich der Poesie
Sich keinen fixen Ausgleich für den eklatanten Mangel fand

Ich glaubte mal, im Reich der Poesie
Den durch die Mythen definierten Schatz der Liebe aufzufinden
Doch fand heraus, auch er fungiert als raffinierte Blendung, Illusion

Niemals werd ich daher befähigt sein, in klaren Liebesversen
Ein schönes Ende meiner angestrengten Suche zu verkünden
Obwohl sie gut tut, die von allen Menschen so gepflogene Vision
Hilft sie doch nicht, mich der Gesellschaft widerspruchslos zu verbinden

Mario [Oppelmayer]


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