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litera[r]t
[heft 4] [dezember 2011] wien - st. wolfgang



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die preisträger des feldkircher lyrikpreises 2011
Tobias Falberg (1.) | C.H. Huber (2.) | Claudia Scherer (3.)


Vor mir die Fläche [Tobias Falberg]

Nachtcafé, Küste. Die Salzwasserfläche
scheint begehbar, wären nicht die hellen,
schnurgeraden Schaumkämme

vor meinen Füßen,
das ganze Blickfeld blank
polierter Basalt, darin die Balken
flackernd anrollen,

Gasflammen,
ein Zündholz am Quadrat
um die Kuchenform der Kindheit,
die ganze Welt

zu meinen Füßen. Die Wasserfläche
scheint begehbar, überall zu sein.
Du kannst deinen Körper wegdenken,

bist nicht mehr da,
die Flammen.


Wanderung in eine Ferne [Tobias Falberg]

Griff nach Sternbildern,
ich fange eins
dieser blinkenden Glühwürmchen,
die so unverhältnismäßig viel Energie
einsetzen für ihre Signale.

Ein Maß an Zeit,
ein Zimmer in der Nähe,
das Meer bewegt und nicht zu kalt
für die Nachtbaderinnen
auf Fußspitzen jauchzend durch kantigen Kies:
Alles Nötige findet sich
in Reichweite.

An manchen Abenden aber
scheinen die Sterne
weiter entfernt.

Ich sitze und falle
und mit mir die Felsen
driften ins All.


ausschnitte aus dem zykklus | diese eine [C.H.Huber]

arbeitgeber zeitweilig
oder gastarbeiter in einem leben gekommen in
sachen eros um wieder zu
gehen geblieben unter nachzug von
herzschmerzmischpoche nur nachts darf
die aus dem haus versteckt sich tagsüber vorm
licht als arbeitgeber lassen wir aber
ebenso gerne sklaven schuften entlohnen
sie eher schlecht als recht auffliegen oder
ausweisen werden
wir sie wenn der stundenlohn an liebe ihnen
nicht reicht oder sie offiziell werden wollen
kein asylgerichtshof wird für ihr hiersein
plädieren kein innen ministerium
erkennt ihr
bleiberecht an

fremdarbeit


dich hast du ertränkt in einigen gläsern rioja
ripasso war keiner da und nur
fingerhutweise trinkst du den grappa
der die erinnerung giallo verfärbt deine
zungen lechzen geradezu kitschig nach
damals /warum denn nur/ fragen
und sagen
die sinne so toll wars nun auch wieder nicht
und schon gar nicht beim ersten versuch
und verlangen dennoch nach mehr jetzt
diese qual diese süße die paare sich
lieben zu sehen zu wissen da sitzt
einer ferne nicht wissend was tun im eigenen saft
im moment liebst du und auch
zwischendurch wenn
die wut auf das schicksal das zu spät ihn dir gab
nachgelassen hat morgen vorbei mit
dem kino sagst du und schaltest
den fernseher ab

kopfkino


ausschteir [Claudia Scherer]

e barchent
gfillt
mit fedre
von de oigne gäns
im zipfl von de bettdeck
s medaillon
von de muetter gottes
de guete schlof
zum beschitze
de rechte beischlof


so
wie me friehr
de vrschtorbne
e wegzehrung
mitgebe hot
in s schattereich
roicht mr d freindin
e fresspäckle
fir d feirtäg
dass die arm seel
it eigoht in ihre
oisilbige klausur



texte, preisreden, biographien
zum feldkircher lyrikpreis 2011 finden Sie im buch
lyrik der gegenwart band 14

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